Robin Hood
Wieso geht man in einen Film? Manchmal, weil man vorher die Kritiken gelesen hat. In Begeisterung versetzte mich gestern die Rezension eines offenbar recht gut gelaunten Redakteurs der Berliner Zeitung", was meine S-Bahn Nachbarn sicher mitbekommen haben.
Kostprobe gefällig?
..wer die Vertreter der Monarchie in diesem Film sieht, ahnt gleich, dass es mit ihnen langfristig kein gutes Ende nehmen kann. König John etwa sieht mit seinem gebärmutterförmigen Libanesenmafiabart unter der viel zu großen Krone aus, als hätte man Bushido zum Herrscher von England gemacht, dementsprechend großmäulig, doppelzüngig und vertrottelt benimmt er sich auch ... Noch schlechter als er kommen nur die Franzosen weg, die sich zeitgleich zur Invasion der britischen Inseln aufmachen. Die sind feige und hinterhältig, aber dafür auch nicht sonderlich intelligent. Folgt man der Franzoseninterpretation dieses Film, versteht man sofort, warum dieser Menschenschlag glatte
fünfeinhalb Jahrhunderte länger als das britische Volk und überdies eine blutige Revolution brauchte, bevor sich die ersten modernen demokratischen Gedanken hier Bahn brechen konnten. Ob das französische Kinopublikum diese Darstellung zu schätzen weiß?
Dem sehen wir mit Interesse entgegen. Umso lustiger wirkt die Idee, ausgerechnet dieses Werk zur Eröffnung der Filmfestspiel in Cannes auszuwählen.
Derart mit Vorfreude vollgepumpt habe ich also heute das Kino betreten und gleich erleichtert registriert, daß ich zufällig alles richtig gemacht habe:
Meine Vorstellung war eine ohne Pause.
Pausen im Hauptfilm sind ja ohnehin ein Ärgernis, aber hier wäre es tatsächlich schade, denn der Film ist richtig gut durcherzählt, ohne Längen und verwirrende Nebenhandlungen. Vor allem fehlt die berühmte halbe Stunde, in der die Geschichte sonst noch schnell
zu Ende erzählt wird, bevor zum Showdown nochmal Pyrotechnik und Stuntleute aktiviert und hunderte Kleindarsteller hingemetzelt werden. Es wird nie langweilig und man weiß erstaunlicherweise immer, wer jetzt gerade wer und auf welcher Seite ist - diese sehr logische Erzählweise tut dem Film gut, denn die Geschichte Englands und Frankreichs im 13. Jahrhundert ist nicht ganz das, was man üblicherweise unter Allgemeinbildung gebunkert hat.
Ich hoffe, man merkt, daß mir der Film gefallen hat.
Hatte heute früh noch ein miese Kritik im Spiegel gelesen, aber würde mich davon nicht abschrecken lassen. Das Anschauen lohnt sich.
Mark Strong spielt den Bösen! Dumm ist nur, daß die am Ende immer sterben müssen. Ich glaube, ich war nicht die Einzige im Kino , die ihm zum Schluß die Daumen gedrückt hat, daß er doch noch entkommt,aber ich hoffe sehr, daß Hollywood die Bösewichtrollen für ihn auch in Zukunft nicht ausgehen.
Zum Hauptdarsteller nochmal die "Berliner Zeitung":
Ob Russel Crowe - wie vorab in der Fachpresse diskutiert wurde - für die Rolle des Robin Hood wirklich zu alt und zu dick ist, sollen junge Kritiker mit flachen Bäuchen entscheiden.